Brunnen
Nach Entwürfen bekannter Künstler entstand eine Reihe moderner Brunnenplastiken als "erfrischender" Gegenpol zur mittelalterlichen Architektur.
Fazit: Unbedingt sehenswert!
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Eine Auswahl von Brunnen in der Altstadt:
Vorstadtbrunnen
Martinssäule auf dem Marktplatz
Sebastiansbrunnen
Sechs-Sinne-Brunnen
Schmiedebrunnen in Welschingen
Schillerbrunnen
Narrenbrunnen
Marienbrunnen bei der Stadtkirche
Mit dem Aufkommen fester Wasserleitungen waren viele der ursprünglich zwölf Brunnen aus dem Stadtbild verschwunden. Schade eigentlich, waren sie doch über Jahrhunderte hinweg nicht nur Wasserspender, sondern als kommunikative Treffpunkte auch Farbtupfer im damals oft kargen Alltag. In der Kernstadt befinden sich über 10 und in den Ortsteilen nochmals über 20 Brunnen.
Vorstadtbrunnen
Der Bildhauer Lutz Brockhaus greift mit seiner figurativen Brunnenszenerie die Tradition der symbolisch erzählenden, barocken Brunneninszenierungen auf. In moderner Formensprache, die sowohl gegenständliche wie abstrahierende Tendenzen beinhaltet, gestaltete der Künstler ein marmornes Figurenensemble, dessen allegorische Bedeutung rund um das Thema des Wasserkreislaufes angelegt ist. Die Figuren beschreiben dabei den Ursprung und Nutzen des Brunnenwassers. Sie sind Personifikationen der Wassertechnik und der Brunnenfunktion. Der Zyklus des Wassers zwischen Natur und Leben, angefangen mit dem Hervorströmen aus unendlichen Tiefen, über die soziale und praktische Funktion in der Stadt, bis zur Rückkehr in die Erde, stellt das Rahmenthema der Brunnenszenerie dar. Dabei versinnbildlichen die stufenartig übereinander gestaffelten Wasserbecken die verschiedenen Funktionen eines traditionellen Stadtbrunnens: Im obersten Becken wird das frische, klare Wasser für den menschlichen Genuss aufgefangen, von dort strömt es weiter zur praktischen Nutzung, wie zum Beispiel dem Wäsche waschen. Schließlich erreicht es das tiefste Becken, an dem das Vieh getränkt wird, um dann endlich zurück in die Erde zu gelangen.
Neben der historischen Themenvorgabe betont Brockhaus bewusst auch die kommunikative Bedeutung der Brunnenanlage, in dem lebensgroße Figuren die Szenerie beherrschen. Am oberen Beckenrand steht eine aus stereometrischen Elementen gebildete, kubistisch abstrahierte Gestalt, bei der der Wasserkreislauf beginnt. Sie symbolisiert sowohl die natürliche Herkunft als auch die technische Erschließung des Wassers und kann somit als Sinnbild des geologischen Ursprungs wie auch der technischen Bändigung des Wassers gesehen werden. Allein und etwas abseits steht eine weibliche Figur, die jedoch durch ihre frontale Ausrichtung zum Brunnen in direkte Beziehung zu der Anlage tritt. Der Brunnen wird somit räumlich geöffnet, man kann ihn begehen, und er verliert den Eindruck eines denkmalartigen, geschlossenen Objektes. In tätiger Haltung ist die zweite Figur, die durch ihr langes Tuch als Wäscherin zu erkennen ist. Im nächsten Becken liegt ein monolithisch blockhaft gearbeitetes Hemd, das noch einmal auf den funktionalen Charakter des Brunnens hinweist. Der Kreislauf schließt sich durch die Rückkehr des Wassers zu seinem naturhaften Ursprung zur Erde, in Form eines urzeitlichen Tieres, aus dessen Maul das Wasser in Strahlen heraus spritzt und schließlich im Boden versickert.
Das Werk von Lutz Brockhaus weist auf den ewigen Kreislauf des Lebens und die elementaren Zusammenhänge von Werden und Vergehen hin und enthält eine nachdenkliche Aussage über die Sinnzusammenhänge von Mensch und Natur.
Martinssäule auf dem Marktplatz
Die aus Bronze gegossene St. Martinssäule von Jürgen Goertz steht als mahnende Zeitkritik an exponierter Stelle auf dem Marktplatz, umgeben von einem Ring rauer Kalksteinhocker. Die weitgehend realistisch ausgearbeiteten Reliefs deuten die gesellschaftlichen Widersprüche des ausgehenden 20. Jahrhunderts als überzeitliches Phänomen. Formgedanken und Motive des Brunnens knüpfen an alte Engener Traditionen an. Der Heilige Martin, der den Armen gibt, nicht aus der Fülle, sondern durch geteilten Mangel, war der Kirchenpatron der ursprünglichen Pfarrkirche im Altdorf, eine der ältesten Martinskirchen Baden-Württembergs. Angelehnt an ein traditionelles städtisches Informations- und Werberequisit, die Litfaßsäule, thematisiert die Brunnensäule die Ungleichheiten innerhalb der Gesellschaft, Überfluss und Elend ebenso wie die fortschreitende Umweltzerstörung. Die vielfältigen Nöte und Bedrohungen des Menschen erschließen sich dem Betrachter als ringsum verlaufende neun Halbreliefs, die sich szenisch verdichten und die Säule rhythmisch erschließen. Mit einem randvoll gefüllten, überschäumenden Krug, der über einem halbtoten Trinker angebracht ist, wird die Gefährdung menschlicher Würde als Suchtkrankheit dargestellt. Unter der Bildgruppe heben sich die knochigen und abgemagerten Ärmchen eines Kindes einem unerreichbaren Brot entgegen. Ein Kruzifix neigt sich dem Betrachter zu – die Orgelpfeifen sind zerbrochen. Das Schlüsselkind, Symbol einer kinderfeindlichen Gesellschaft, blickt ins Leere. Eine Afrikanerin trägt ihr abgemagertes Kind auf der Schulter. Und auch vor Flora und Fauna macht die Zerstörung des Menschen nicht Halt: Ein Baum ohne Krone, mit abgeschlagenen Wurzeln und welken Blättern steht für die Not der Kreatur. Ein Vogel sucht Schutz im geborstenen antiken Blattwerk. Zerstückelt ist das technische Winkelmaß – eine „maßlose“ Gesellschaft gerät aus den Fugen. Mit starren Augen schaut die Eule der Nacht entgegen. Wie Tränen sickert das Brunnenwasser aus den feinen Düsen.
Die Martinssäule von Jürgen Goertz ist ein Monument, das zur Besinnung, nicht zur Besinnlichkeit aufruft. Sie will nicht nur anklagen, sondern auch Symbol der Neuorientierung und der Hoffnung sein. Der Künstler bindet die Forderung nach mehr Nächstenliebe in das aktuelle Zeitgeschehen ein. Auf diese Weise erhält die Legende des Heiligen Martin einen Bezug zur heutigen Überflussgesellschaft.
Sebastiansbrunnen
Schon im Mittelalter befand sich in der Lupfenstraße ein Sebastianbrunnen, der vor allem der Wasserversorgung der in der Nähe eingerichteten Badstube diente. Als 1985 ein bisher auf dem Friedhof verwendeter gusseiserner Brunnentrog aus dem Jahr 1883 auf den Sebastianplatz verlegt wurde, war klar, dass hier wieder der römische Märtyrer dargestellt werden sollte.
Wolfgang Bier stellte sich die Aufgabe, an dieses kleine Stück Stadtgeschichte anzuknüpfen und eine Brücke von der Vergangenheit zur Gegenwart zu schlagen.
Der Künstler trägt in seiner Aussage die Verkörperung innerer Zustände des Menschen nach außen. Für ihn ist die Figur des Sebastian ein Sinnbild menschlicher Verletzung und Verletzbarkeit. Sein Werk geht von der Legende des römischen Soldaten und Märtyrers aus, der für sein Bekenntnis zum Christentum von tausend Pfeilschüssen der Garde des römischen Kaisers - seinen eigenen Kameraden - hingerichtet wurde. Der christliche Mythos erhält einen aktuellen Zeitbezug, indem Wolfgang Bier stilisierte Abgüsse bzw. Kopien von historischen und modernen Tötungs- und Marterinstrumenten am Brunnen anbringt. Die Verbindung von Vergangenheit und Gegenwart ist für den Künstler etwas „sehr notwendig Realistisches, wozu wir auch fast täglich im Alltag gezwungen werden, um Brüche zu vermeiden, um Wurzeln nicht abzuschneiden.“
Der Sebastianbrunnen erinnert an tragische Ereignisse der Vergangenheit und ihr Fortdauern in einer von Krisen und Kriegen heimgesuchten Gegenwart.
Sechs-Sinne-Brunnen
Der Sechs-Sinne-Brunnen von Jürgen Goertz wertet seit 1986 den südlichen Eingangsbereich der Altstadt auf und setzt ein tradiertes Thema originell in eine Brunnenplastik um. In den vier Arkadenbögen eines Rundtempels sind Auge, Ohr, Zunge und Nase als Organe des Sehens, Hörens, Schmeckens und Riechens plastisch modelliert. Hoch oben auf der Spitze überragt der Tastsinn den „Tempel der Sinne“, symbolisiert als Daumen oder eher noch als Däumling, dessen Fingernagel humorvoll als Gesicht verfremdet ist. Den undefinierbaren 6. Sinn darf der Betrachter selbst "entschlüsseln". Durch diese Anregung zum eigenen Nachdenken wird der Betrachter aktiv in das Kunstobjekt mit einbezogen.
Schmiedebrunnen
Vor hundert Jahren legte in einer Zeit großer Trockenheit und Dürre der Welschinger Schmiedemeister Damian Scheu einen Brunnen an, an den die Tiere nach dem Hufbeschlag zur Tränke geführt wurden. Die ehemalige Blechwanne wurde im Laufe der Zeit durch ein solides, langes Betonbecken ersetzt, und auch heute noch wird der Brunnen in Erinnerung an den weitsichtigen Schmiedemeister schlicht 'Schmiedebrunnen' genannt.
Zur 1250 Jahrfeier der Gemeinde Welschingen gestaltete der Radolfzeller Bildhauer Markus Daum nicht nur den Brunnen, auch die Umgestaltung des Platzes gehört zum künstlerischen Konzept. Die Birke bezieht er in die Anlage mit ein, die zwei Bänke aus Stahl und Douglasienholz sowie eine Sprossenwand fügte er hinzu.
Im Ganzen erinnert sein Werk an die Arbeiten von Richard Serra, dem berühmten amerikanischen LandArt Künstler. Doch der Brunnen gibt dem Betrachter Rätsel auf. Was sieht man? Einen überdimensionalen, schrägen Schmiedetisch. Darauf steht ein Amboss und ein anderes Objekt, das an einen Hammer erinnert. Es scheint, als habe der Schmied eben erst seine Werkstatt verlassen und könne jeden Augenblick wieder zurückkommen. Doch was für ein hünenhafter Schmied muss das sein, der mit gleichsam gewaltigen Kräften den schweren Hammer schwingt? Es ist die Werkbank des Hephaistos, des römischen Gottes der Schmiede und des Feuers.
Kein Wunder, dass Markus Daum für sein Werk auf Corten-Stahl zurückgreift, ein Material, das sonst nur im Schiffsbau verwendet wird. Der Rost, der den Stahl konserviert, wirkt geradezu archaisch und wegweisend für eine Arbeit, die längst in der Vergangenheit begann und in einer ungewissen Zukunft.
Detaillierte Beschreibungen, Fotos und Videos zu den Brunnen und Kunstwerken in Engen und der Region REGIO|Kunstwege
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